Maung Tun Kyaing

Das Buch des Lichts und seine Zweige
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Pyramidentraeumer
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Maung Tun Kyaing

Beitrag von Pyramidentraeumer »

Maung Tun Kyaing (a. a. O. S. 208 ff.)
In Maymyo, der Sommerresidenz der damaligen burmesischen Regierung in den nördlichen Schanstaaten (...) hörten wir von einem kleinen Knaben, dessen Name Maung Tun Kyaing war und der im vollen Besitz vorgeburtlicher Erinnerung und vorgeburtlichen Wissens war, sodass selbst der Gouverneur von Burma (Sir Henry Butler) ihn in seine Residenz in Maymyo einlud, um sich von der Wahrheit dieses außergewöhnlichen Phänomens zu überzeugen. Der Knabe machte einen so günstigen Eindruck auf den Gouverneur und auf alle, die während jenes denkwürdigen Interviews zugegen waren, dass man den Knaben ermutigte, überall im Land seine frohe Botschaft zu verkünden und selbst die Gefängnisse zu besuchen, um Licht und Hoffnung all denen zu bringen, die in tiefster Dunkelheit befangen waren. Seit jener Zeit wanderte er von Ort zu Ort, und Tausende von Menschen lauschten begeistert seinen Worten. (...)
Als wir das Kloster erreichten, in dem Maung Tun Kyaing sich aufhielt, war er gerade im Begriff, zu einer großen Volksmenge zu sprechen, die den Vorhof des Tempels bis auf den letzten Platz ausfüllte. Es war ein erstaunlicher Anblick, einen kleinen Knaben mit der Ruhe und Selbstsicherheit einer geübten Redners sprechen zu sehen.
Maung Tun Kyaing war damals sieben Jahre alt. Seine Lebensgeschichte erfuhr Lama Govinda zum größten Teil von seinem Vater, einem einfachen und offen- herzigen Mann; sie wurde von Maung Tun Kyaing und den anwesenden Mönchen und Laien bestätigt.
Maung Tun Kyaing war der Sohn armer Strohmattenflechter, die weder lesen noch schreiben konnten. Als er vier Jahre alt war, nahm ihn der Vater zusammen mit seinem jüngeren Bruder zu einem Jahrmarkt in einen benachbarten Dorf mit. Als sie sich dem Dorf näherten, begegneten sie einem Mann mit einem Bündel Zuckerrohr, das er auf dem Markt feilhalten wollte. Als er die beiden Kinder sah und sich wohl dachte, dass der Vater zu arm sei, um etwas kaufen zu können, schenkte er jedem der beiden Knaben ein Stück Zuckerrohr. Während der kleinere von ihnen begierig sein Stück zum Munde führte, ermahnte Maung Tun Kyaing ihn, nicht zu essen, bevor er dem Geber gedankt oder einen Segenswunsch für ihn gesprochen hätte (...). Während er so zu ihm sprach, war es, als ob die Tore seines Gedächtnisses plötzlich aufgestoßen wurden, und unter dem Eindruck aufwallender Erinnerung bat er den Vater, ihn auf die Schulter zu heben, damit er über die Tugend des Gebens (die in der Lehre des Buddha als die erste der „zehn großen Tugenden" gilt) predigen könne. Der Vater gewährte gutmütig lächelnd seinen Wunsch, den er für eine kindliche Laune hielt. Aber zu seiner und der Umstehenden Überraschung begann der Knabe eine Predigt über den Segen des Gebens zu halten, wie selbst ein religiöser Lehrer es nicht besser hätte tun können. Mehr und mehr Leute versammelten sich um den kleinen Prediger sodass der Vater ganz verwirrt wurde über die plötzliche Veränderung, die in dem Kinde vor sich gegangen war. Der Knabe blieb jedoch davon unberührt und sagte, nachdem er seine Predigt beendet hatte: „Komm, Vater, wir wollen zu meinem Kyaung gehen." - „Was meinst du mit 'deinem Kyaung'?" - „Das Kloster dort! Kennst du es nicht?" – „Ich erinnere mich nicht, daß du je dort gewesen wärst", erwiderte der Vater. „aber gehen wir trotzdem hin und sehen es uns an."
Als sie das Kloster erreichten, trafen sie einen älteren Mönch, der, wie sich herausstellte, der Abt des Kyaung war. Maung Tun Kyaing aber schien in Gedanken verloren zu sein und schaute ihn an, ohne ihn der Sitte gemäß zu begrüßen. Der Vater schalt ihn daher und sagte: "Willst du nicht dem ehrwürdigen Thera den schuldigen Respekt erweisen?" - Worauf der Knabe den Abt grüßte, als wenn er seinesgleichen wäre, anstatt sich vor ihm in der vorgeschriebenen Weise zu verneigen und mit der Stirn den Boden zu berühren.
„Weißt du nicht, wer ich bin?" fragte der Abt.
„Gewiss, ich weiß es", sagte der Knabe ohne die geringste Verlegenheit. Und als der Abt ihn verwundert anschaute, erwähnte der Knabe den Namen des Thera.
„Woher weißt du das? Hat dir jemand meinen Namen gesagt?"
„Nein", entgegnete der Knabe. „Erinnerst du dich meiner nicht mehr? Ich war dein Lehrer, U Pandeissa."
Der Abt war aufs höchste überrascht, aber um sicher zu gehen, fragte er den Knaben: „Wenn dem so ist, so wirst du auch wissen, wer ich war, bevor ich in den Orden trat. Wenn du dich daran erinnerst, so flüstere den Namen in mein Ohr." (Anmerkung in einer Fußnote: Wenn jemand in den Orden eintritt, beginnt er ein völlig neues Leben, erhält einen neuen Namen und gebraucht von da an nie mehr seinen früheren Namen. Ein Ordensmitglied mit seinem Laiennamen anzureden, würde einer Beleidigung gleichkommen (...))
Der Knabe tat, wie ihm geheißen. Und als der Thera seinen Namen hörte, den niemand kannte außer ihm und den wenigen, die ihn noch aus seiner Jugend erinnerten und mit ihm alt geworden waren, fiel er dem Knaben zu Füßen, berührte den Boden mit der Stirn und rief mit Tränen in den Augen aus: „Ich weiß es nun – du bist wirklich mein Lehrer."
Er führte ihn, zusammen mit seinem Vater und seinem kleinen Bruder, ins Kloster, WO Maung Tun Kyaing sich jeder Einzelheit erinnerte und sogleich auf den Raum im östlichen Flügel des Gebäudes hinwies, in dem er gewohnt hatte, und ebenso auf den Platz, an dem er zu meditieren pflegte, auf die von ihm besonders verehrte Buddhastatue, vor der er täglich Lichter und Weihrauch angezündet hatte, und auf vieles andere, an das auch der alte Thera sich erinnern konnte. Es waren ja noch nicht so viele Jahre verflossen, seit U Pandeissa, der Abt von Yunkyaung (wie das Kloster hieß) gestorben war.
Das Wichtigste und Bedeutsamste aber war, dass Maung Tun Kyaing sich nicht nur an die allgemeinen Umstände seines früheren Lebens erinnerte, sondern dass er auch sein früheres Wissen bewahrt hatte. Als der Thera ihm einige alte Pali-Texte zeigte, erwies der Knabe sich als fähig, sie zu lesen und zu verstehen, obwohl er nie eine Schule besucht hatte und in einem Heim aufgewachsen war, in dem niemand lesen oder schreiben konnte – gar nicht zu reden von irgendwelchen Kenntnissen der Pali-Sprache. (...)
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