Der Junge, der wieder mit seiner früheren Frau zusammen wohnt
Beginnen möchte ich mit einer Geschichte, die mir Dr. Tag Powell, ein befreundeter amerikanischer Verleger, Seminarleiter und Autor verschiedener Bücher und Kassetten, während der Buchmesse in Frankfurt anvertraute.
„Weisst du, Tom (so werde ich von meinen Freunden genannt), ich kann dir eine Geschichte über einen Fall von Reinkarnation erzählen, der derart erstaunlich ist, dass er wohl jeden Skeptiker in einen überzeugten Anhänger der Reinkarnation verwandeln würde. Ich bin jedoch nicht befugt, die Namen des Ehepaares und ihres Sohnes preiszugeben. Ich bin sicher, dass du die beiden zumindest vom Namen her kennst, denn er ist ein bekannter Autor und hält mit seiner Frau in ganz Amerika Seminare und Vorträge."
Zu gerne hätte ich den Namen dieses Paares gewusst, aber ich wollte Tag nicht das Versprechen nehmen, das er jenem Ehepaar gegeben hatte. Dennoch fragte ich: "Hält er Seminare über spirituelle Themen wie Reinkanation, Astrologie oder ....?" "Nein, nein", unterbrach mich Tag, "er ist ein 'bloody scientist' (so ein typischer Wissenschaftler), und eines seiner Bücher ist zu einem landesweiten Bestseller geworden. Er ist Inhaber vieler Patente. Seine Frau ist ebenfalls Wissenschaftlerin und Autorin.
Beide haben einen Sohn, den ich Michael nennen möchte. Als Baby wollte er unbedingt die Rolexuhr seines Vaters in den Händen halten. Er griff immer wieder danach. Als er die ersten Worte sprechen konnte, deutete er auf die Uhr und sagte 'mein'. Eines Tages, als die Eltern ihn beim Namen nannten, deutete er auf sich und sagte: 'Sunny'. Er bestand so lange energisch darauf, Sunny genannt zu werden, bis die Eltern sich darauf einliessen und ihn also Sunny nannten. Wenige Monate später sagte der Knirps: 'Ich Sunny Ray'.
Die Mutter liess sich schnell auf diesen Namen ein, bedeutete er doch 'Sonnenstrahl', so dass sie ihn von nun an 'mein kleiner Sonnenstrahl' (my little sunray) nannte. Eines Tages sagte er, dass er eine Frau habe, die Dawn hiesse und dass sie beide in Texas gewohnt hätten. Im Hause wurde meist nur klassische Musik gehört. Wenn jedoch einmal aus dem Radio ein Country- oder Western-Song ertönte, sang Michael mit, ja, er schien sogar die Worte zu wissen.
Eines Tages sah sich Michael mit der Mutter ein Buch mit Abbildungen von Hunden an. Plötzlich deutete er auf einen weissen Spitz und rief aufgeregt: 'Das ist Willy, das ist mein Hund!' Die Eltern selbst haben trotzdem nie ernsthaft daran gedacht, dass ihr Sohn irgend etwas aus einem früheren Leben erzählen könnte.
Einige Zeit später - ihr Sohn war damals sieben Jahre alt geworden - hielt dieses Ehepaar in Texas ein Seminar ab. Eine der Teilnehmerinnen hiess Dawn Ray. In einer Pause redete Michaels Vater jene Frau an und fragte sie, ob sie verheiratet sei. Sie verneinte und entgegnete: 'Ich bin seit acht Jahren verwitwet.' 'Wie hiess ihr Mann mit Vornamen?' 'Sunny', sagte sie.
Das Ehepaar schaute sich verwundert an. Sie baten jene Frau, nach dem Seminar doch bitte in ihr Hotel zu kommen, sie hätten ihr etwas Wichtiges mitzuteilen. Dort erklärten sie ihr, dass sie einen Sohn hätten, der behauptete, in einem früheren Leben mit einer Dawn Ray aus Texas verheiratet gewesen zu sein. 'Hatten sie eigentlich einen weissen Spitz?' fragte Michaels Mutter. 'O ja, es war unser Willy. Sunny und er waren unzertrennlich!'
Frau Ray war nun ganz erpicht darauf, Micheal kennenzulernen. Die Eltern riefen zu Hause an und arrangierten den Flug, so dass der Siebenjährige schon zwei Tage später zu ihnen fliegen konnte. Sie hatten ihrem Sohn am Telephon nicht verraten, warum er so plötzlich nach Texas kommen sollte.
Als er auf dem Flugplatz von den Eltern empfangen worden war, brachten sie ihn gleich, wie abgemacht, zu dem Haus, in welchem Frau Ray wohnte. Als diese die Tür öffnete, erkannte der Junge sie sogleich und rief erfreut: 'Dawn!' Er breitete die Arme aus und lief der trotz aller Vorbereitung verdutzten Frau Ray in die sich nun öffnenden Arme, umarmte sie und gab ihr einen dicken Kuss auf die Wange.
Schliesslich nahmen alle im Wohnzimmer Platz. Die noch immer skeptische Frau Ray fragte Michael, ob er dieses Haus kenne, doch er verneinte. Sie erklärte daraufhin, dass sie erst zwei Jahre nach Sunnys Tod in dieses Haus gezogen sei. Dann fragte Michael, ob sie ihm seine Gitarre aufgehoben hätte. Frau Ray war über diese Frage sehr erstaunt, ging zu einem Schrank hinüber und entnahm diesem eine Gitarre, die sie in die ausgestreckte Hand des kleinen Mannes gab. Wie ein geübter Gitarrenspieler nahm Michael dieses Instrument in seine Hände. Und obwohl die Griffläche nicht für die Hand eines Siebenjährigen geeignet war, begann er nach einigen Versuchen ein bekanntes Country-Lied zu spielen und zu singen. Dies versetzte besonders seine Eltern in Erstaunen, hatte doch ihr Sohn ihres Wissens noch nie Gitarre gespielt.
Danach fragte er Frau Ray, die er nur noch Dawn nannte, ob sie ihm auch seine Uhr aufgehoben hätte. Sie holte eine Schachtel herbei, in der sich die Uhr befand. Es war eine Rolex, ein genaues Duplikat von jener, die sein Vater trug. Dann fragte er sie nach seiner Kamera. Doch die Eltern wollten zuerst von ihm wissen, wie sie aussah. Als er sie beschrieben hatte, holte Dawn jene Kamera hervor, die genau so aussah, wie soeben von ihm dargestellt. Auch seine Pfeife, die er als nächstes zu sehen verlangte, musste er zuerst genau beschreiben."
Und Tag schloss seine Berichterstattung mit der Bemerkung ab: "Ich hätte gerne jenem Abend beigewohnt". "Ich auch", entfuhr es mir. "Mensch, Tag, das ist wirklich eine tolle Geschichte!" "Aber das Tollste kommt erst noch", fuhr er fort. "Dawn verkaufte ihr Haus, zog zu dieser Familie nach Kalifornien und kümmerte sich um Michael, dassseine Eltern ja doch meistens auf Reisen waren. Später zog sie nach New York. Michael hatte jedoch so grosse Sehnsucht nach Dawn, dass die Eltern ihm trotz seiner damals erst vierzehn Jahre gestatteten, zu ihr nach New York zu ziehen, wo sie seitdem zusammen leben."
"Wenn diese Geschichte sich wirklich so oder ähnlich abgespielt haben sollte, dann ist sie eine Sensation ersten Grades", sagte ich. "So wahr ich hier stehe, Tom, diese Geschichte hat sich wirklich ereignet."
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