Der Fall Birgit B. aus Hamburg
Frau B. kam 1984 zu mir, weil Sie ein Problem hatte, daß auch Ärzte bisher nicht lösen konnten. Sie bekam panische Angst, wenn jemand an der Tür klopfte. Schon in ihrer Jugend litt Sie unter diesem Problem und wurde sogar von anderen Kindern deshalb gehänselt.
Ihre Mutter versuchte vergeblich herauszufinden, woher die Angst der jungen Frau kommen könnte. Auch Psychologen hatten versucht, den Auslöser für dieses Verhalten zu finden. Alle Faktoren, die man finden konnte, waren nicht überzeugend. Frau B. hatte eine durchschittliche Kindheit verbracht und ein Erlebnis, in dem durch das Klopfen eine Angst hätte ausgelöst werden können, war nicht bekannt geworden.
Ein Heilpraktiker aus Bremen verwies die Frau an mich, weil er der Meinung war, daß dieses Problem möglicherweise in der Vergangenheit zu finden sein könnte. Er hatte einen Bericht über meine Arbeit gelesen und hoffte, daß man der Frau auf diesem Weg
helfen könne.
Frau B. kam zu mir. Ein langes Gespräch fand statt und auch ich hatte den Eindruck, daß es sich hier nur um eine, tief im Unterbewußtsein vergrabene Angst, handeln konnte. Meine Aufgabe sollte es sein, den Grund in der Vergangenheit zu finden.
Ich begann mit der Hypnose. Dabei war es erst einmal nötig, Frau B. in einen sehr tiefen Zustand der Hypnose zu versetzen. Es sei noch angemerkt, daß der Hypnotisierte am wenigsten von der Hypnose verspürt, denn wir Menschen unterliegen dem Prinzip, immer
das für wahr zu halten, was wir als wahr empfinden. Das ist auch der Grund, warum wir an uns ein annormales Verhalten nur sehr schwer erkennen können. Es ist wie immer im Leben eine Betrachtungsfrage.
Frau B. war in eine sehr tiefe Hypnose gesunken und ich begann, erstmal einige Erinnerungen aus ihrer Kindheit anzufahren. Dieser Weg ist nötig, damit man das System des Erzählens erlernt. Es ist am Anfang nicht ganz leicht, die Bilder vor dem geistigen Auge festzuhalten und diese auch noch zu beschreiben. Aber das Sprechen ist wichtig, damit die Daten gesichert sind. Alles, was man in der Hypnose sofort erzählt, bringt neue Bilder. Das Grübeln jedoch verschüttet diese Daten sofort wieder.
Auch in einer recht tiefen Hypnose bleibt immer noch ein kleiner Teil an Kritikfähigkeit vorhanden. Bei einer Rückführung aber kommt es nur auf die Daten an, die einem spontan vor dem geistigen Auge erscheinen. Die Analyse kommt später nach der Hypnose.
Immer weiter gingen wir in der Zeit zurück.
Frau B. wurde von mir zu dem Moment geführt, als sie geboren wurde. Kurz danach erzählte sie, was für ein Gefühl es war, im Bauch der Mutter zu sein. Einige Zeit danach enden die Erzählungen. Sie schildert, daß alles dunkel und ruhig ist. "Ich habe das Gefühl, als sei ich gar nicht da!"
Dieser Eindruck wird von den meisten Menschen geschildert. Nun beginnt der wichtige Teil. Wir müssen durch die Zeit ohne Erinnerung hindurch und beobachten, ob ein Bild auftaucht. Vielfach ist "Bild" etwas übertrieben, denn zuerst tauchen kleine Gedanken auf, die man nur durch Zufall auch bildlich sieht. Frau B. bewegt die Augen und dreht den Kopf etwas nach links. Ich frage sie, ob sie etwas gesehen habe. "Ich habe ganz kurz einen Schatten gesehen." Nun beginnen meine Fragen, die diese Informationen im Unterbewußtsein lösen sollen. Auf meine Frage, ob außer dem Schatten noch etwas anderes zu sehen sei, beginnt sie zu erzählen:
Es ist dunkel, und Sterne sind am Himmel zu sehen. Es ist ruhig und etwas kühl. Vor ihr ist eine Hecke zu sehen. Dort war auch der Schatten, den sie schon bemerkt hatte, verschwunden. Sie steht auf einem Weg und geht nun an der Hecke entlang. Jetzt
wieder dieser Schatten.
Sie hat aber keine Angst, was erstaunlich ist. Immerhin ist sie nach eigenen Angaben allein in der Dunkelheit. Nach kurzer Zeit ist der Schatten nun neben ihr. Es ist ein Junge von ca. 10 Jahren. Sie kennt den Jungen. Die Menschen im Dorf mögen ihn nicht und er darf das Dorf nicht betreten. Wer seine Mutter ist, weiß man nicht. Es soll vor einigen Jahren eine Frau gegeben haben, die ein Kind bekam und aus dem Dorf gejagt wurde, weil sie keinen Mann hatte. Möglicherweise handelt es sich hier um das Kind. Auf meine Frage, wie alt sie denn sei, nennt sie das Alter 27 Jahre. Sie ist im damaligen Leben eine Frau mit schwarzen Haaren.
Ich bemerke, daß sie über etwas nachdenkt und frage, was sie beschäftigt. Darauf meint sie, daß in ihr ein Gefühl sei, als könnte es sich bei dem Jungen um ihr Kind handeln. Sie hat das Gefühl, als gäbe es eine ganz enge Verbindung zwischen ihr und der Geschichte über die Frau aus dem Dorf. Diesen Hinweis nahm ich zum Anlaß, in der Zeit zurückzugehen. Im
Alter von 16 Jahren befindet sie sich im Dorf und ist schwanger. Die Menschen sehen sie von oben herab an und hassen sie. Auf meine Frage, wer der Vater des Kindes sein könnte, beginnt sie zu weinen. Sie weigert sich, mir darüber mehr zu erzählen. nach einiger Zeit aber bricht es dann aus ihr heraus. 5 Männer seien ihr in den Wald nachgelaufen und haben sie dann zu Boden gerissen. Dann hätte man etwas Furchtbares gemacht. Einer der Männer sei aus dem Ort. Dieser habe ihr gesagt, daß sie ja nichts sagen solle, sonst würde ihr etwas geschehen. Dann sind dieMänner lachend weggelaufen.
Ich versuchte nun herauszubekommen, in welchem Jahr sich das abgespielt habe. Sie antwortet sofort und nennt das Jahr 1611. Auf die Frage, wie das Dorf heißt, kommt die Antwort ebenso schnell. Der Name: Osterhofen!
Nach einiger Zeit bekommt sie dann das Kind. Sie schildert, daß eine alte Frau bei ihr sei. Dann verzerrt sich ihr Gesicht. Sie leidet unter den Schmerzen, die sie nun wieder deutlich erlebt. Auch versucht sie, zu pressen. Dann nach einigen Minuten weicht die Anstrengung aus ihrem Gesicht und das Kind, ein Junge, ist geboren. Mir erschien diese Geburt recht einfach und kurz, doch im späteren Gespräch stellt sich heraus, daß das Gefühl für die Geburt auf einmal gekommen sei und dann ging alles rasend schnell.
Die alte Frau kümmert sich noch einige Tage um sie und dann ist sie wieder allein und hält das Kind in den Armen. Ratlosigkeit kommt in ihr auf, denn jetzt stellt sich heraus, daß
sie in keinem Haus lebt, sondern bei einem Bauern in einem Schuppen schlafen konnte. Doch dieser hatte ihr verboten, mit dem Kind seinen Grund zu betreten.
Sie schildert nun, daß sie das Kind nimmt und aus dem Dorf weggeht. Die Menschen auf der Strasse spucken sie an und auch der Mann, der damals dabei war, schreit, sie solle endlich verschwinden.
Sie weint. Tränen laufen über ihr Gesicht und sie erlebt alles genau wie damals 1611. Sie geht in den Wald. Dort kennt sie einen Unterschlupf, der einer Höhle ähnlich sieht. Es wird Nacht und sie hält das Kind in den Armen und friert. Da kommt jemand auf die Höhle zu. Sie erkennt in der Gestalt die alte Frau. Sie hat ihr etwas zu essen gebracht und auch eine alte Decke.
Ich möchte nun wissen wie ihr Name ist. Darauf antwortet Sie:
"Maria". Einen Nachnamen hat sie nicht. Nach einigen Monaten sieht die Höhle etwas anders aus. Sie hat sich den kleinen Raum schon eingerichtet. Sie sammelt Dinge
zu Essen und manchmal hat sie auch Fleisch. Das Kind ist gesund und sie ist glücklich mit ihm. Manchmal geht sie in das Dorf, aber die Menschen hassen sie. Wir gehen etwas weiter in der Zeit und kommen wieder zu dem Moment, wo der Schatten neben ihr ist.
Ja, es ist ihr Kind, was da durch das Unterholz läuft. Nach einiger Zeit sieht sie eine Hütte. Es stellt sich heraus, daß diese Hütte von ihr allein gebaut worden ist. Innen ist eine Feuerstelle und ein großes, selbstgemachtes Bett. Alles ist sehr einfach, aber es läßt sich ganz gut dort leben.
Ich versuche nun, immer weiter durch die Zeit zu gehen, um möglicherweise den Grund für die Angst zu finden. Tatsächlich schildert sie später, daß jemand an die Tür klopft. Das Klopfen ist sehr laut. Sie macht auf und der Mann, der damals dabei war, steht mit einer Axt vor der Tür. Er beschimpft sie, im Dorf gesagt zu haben, daß das Kind von ihm sei. Sie beteuert, daß das nicht stimmt, aber er scheint das nicht zu hören. Der Mann kommt in die Hütte und geht zu dem Jungen. Kurz darauf erschlägt er vor den Augen der Mutter das Kind. Sie schreit und versucht das Beil zu greifen, aber der Mann ist stärker. Er schlägt auf sie ein und sie fühlt nur noch einen dumpfen Schlag am Kopf. Alles dreht sich und sie stürzt zu Boden.
Sie schildert ein eigenartiges Gefühl. "Es ist so, als würde es in meinem Kopf rauschen. Ich drehe mich ganz schnell, und doch kann ich sehen, was weiter geschieht. Ich schaue vom Boden auf." Und jetzt sieht sie dem Mann in die Augen. Er legt Feuer. Sie hat keine Angst und lächelt. Mich geht das alles nichts mehr an. Mir geht es jetzt gut. Die Flammen werden immer größer und sie sieht, wie der Mann wegrennt. Sie schaut durch die Flammen hindurch und bemerkt nun, daß sie das Geschehen von oben sieht. Sie sieht noch einmal das Dorf und die kleine Kirche, sieht den Raum, wo sie das Kind bekam und schwebt über die Felder hinweg.
Dann schildert sie, daß sie in die Wolken fliegt. Jetzt taucht sie in eine Wolke ein und sieht ihr Kind mit lachendem Gesicht. Es streckt die Arme aus und beide scheinen sich zu umarmen, als sich die Situation verändert.
"Jetzt ist nur noch Licht zu sehen!" Ich frage, ob sie denn in den Wolken, weit im Himmel sei. Aber nun ist eine Ernüchterung auf dem Gesicht von Frau B. zu erkennen. "Das ist nicht in den Wolken! Es ist direkt bei den Menschen. Das Ganze ist irre. Ich bin nicht da und doch existiere ich. Die Menschen sind wie sonst auch, direkt hier, aber ich habe keine Möglichkeit, mich ihnen verständlich zu machen."
Mich interessiert natürlich, wo dieser Ort ist. Ich frage deshalb nun auch gezielter nach. Auf die Frage, ob es dort, wo sie ist, so etwas wie ein Jenseits gäbe, lächelt sie und meint, daß manche Menschen meinen, man könne von hier mit den lebenden Kontakt aufnehmen. Aber das sei einfach nicht möglich. Sie erklärt die Einstellung dieser Menschen so: "Diese Menschen fühlen, daß es etwas nach dem Tod geben muß, aber wie das genau aussieht, können sie sich nicht vorstellen.
Natürlich sind wir direkt bei den Menschen, aber ein Kontakt soll nicht sein. Es gibt so etwas, wie eine Ruhepause, in der man glücklicherweise nicht gestört wird." Und doch bemerkt sie etwas Interessantes an: "Es ist nicht so, als würde ich nicht miterleben, was um mich herum geschieht, aber ich bin nicht direkt beteiligt. Man kann es so beschreiben, als würden sich zwei Menschen streiten und ich sitze lächelnd und unsichtbar in einem Schaukelstuhl und kenne das alles ganz genau. Ich habe keine Lust einzugreifen und könnte es auch nicht."
Die Schilderung hat mich natürlich neugierig gemacht, denn wenn der Geist wirklich die Möglichkeit hat, uns zu beobachten, dann ist das doch auch eine Art von Zusammenleben. So könnte es ja auch sein, daß dadurch Probleme entstehen. Doch Frau B. verneint das. Es gibt keine Möglichkeit, direkt über Tonband oder andere Wege Kontakt aufzunehmen. Es gibt nur das Gefühl in uns, was an dieser unbekannten Verbindung teil hat. Die lebenden Menschen werden jedoch nie sagen können, wann diese Verbindung besteht, und wann nicht.
Ich möchte nun in der Zeit etwas weiter gehen. Nach einiger Zeit schildert sie dann, daß sie ganz vergessen habe, daß in der ganzen Zeit Licht um sie herum gewesen sei. dabei sei ihr aufgefallen, daß es, wenn man erst einmal durch das Licht hindurch gegangen sei, keine Möglichkeit mehr gibt, umzukehren. Jetzt ist in der Ferne ein kleiner schwarzer Punkt zu sehen. Sie schildert, daß dieser Punkt immer größer wird und nach kurzer Zeit beschreibt sie, daß es sich um einen Sog handelt. Es ist ein Tunnel, der sie jetzt in sich hineinzieht und sie kann nur manchmal einige helle Streifen sehen, wie bei einer Spirale.
Dann hört der Sog auf. Alles ist still und warm. Erstmals kann sie wieder etwas körperlich fühlen. Es stellt sich heraus, daß sie sich im Bauch ihrer nächsten Mutter befindet und der Zeitpunkt jatzt bei ca. 6 Wochen nach der Zeugung. Auch wenn diese Daten über Zeitpunkte immer etwas mit Vorsicht zu genießen sind, so ist es aber erstaunlich, wie groß sie den Raum beschrebt, in dem sie ist. Demnach muß sie tatsächlich sehr klein sein.
Einige Wochen später kann sie schon genau erzählen, was die Mutter macht und welche Eindrücke auf sie einwirken. Übrigens ist sie jetzt ein Junge.
Sie haben an diesem Fall sehen können, daß es tatsächlich manche Einflüsse in unserem Leben gibt, die wir nicht kennen. Ich habe die Rückführung nach der Geburt beendet. Für mich und Frau B. war es wichtig, daß wir den Grund für die Angst finden. Frau B. sollte nun erst einmal sehen, ob sich etwas an der Angst verändert. Betreut von ihrem Heilpraktiker, stellte sie schon nach wenigen Stunden fest, daß die Angst verschwunden war.
Natürlich tauchte noch manchmal das furchtbare Erlebnis vor ihren Augen auf, aber nach 3 Tagen hatte sie so großen Abstand dazu gewonnen, daß sie nicht mehr davon beeinflußt wurde. Im Laufe der Zeit vergaß sie die Angelegenheit und konnte nun endlich ohne Angst leben. Nicht immer sind Angstzustände aus solchen weit zurückliegenden Erlebnissen entstanden. In den meisten Fällen handelt es sich schon um Dinge, die uns jetzt betreffen. Aber es sei angemerkt, daß die Angst möglicherweise durch unsere Lebenschichte verstärkt, oder sogar ausgelöst wird.
Eine Rückführung
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